
Herrenhaus Gentzrode – Land Brandenburg
Wer einen sonntäglichen Ausflug nach Gentzrode machen will, wird in seinem Navigationssystem wahrscheinlich nichts finden. Den Ort gibt es gar nicht mehr und man muss sich schon sehr gut in der Gegend um Neuruppin auskennen, um das alte Herrenhaus samt Nebengebäude zu finden.
Der Weg führt von der Bundesstraße über einen Waldweg, der mit Kopfsteinpflaster belegt ist, tief in die unberührte Brandenburger Landschaft hinein. Nach ca. 15 Minuten Fußmarsch öffnet sich rechterhand eine Lichtung und man steht vor einem Gebäudekomplex im orientalischen Stil. Allein die Tatsache, dass die Ruinen durch Baracken im Leichtbaustil flankiert sind, verhindert die Frage nach dem Land in dem man sich gerade befindet. Trotz des Verfalls der Gebäude steht man mit offenen Mund und großen Augen der ungewöhnlichen Architektur und der besonders reich versierten Fassaden gegenüber.
Das Herrenhaus in Gentzrode wurde 1876/77 nach Entwürfen von Martin Gropius und Heino Schmieden im Stil des orientalisierenden Historismus erbaut. Leider überstiegen die Baukosten des ehrgeizigen Projektes die finanziellen Möglichkeiten der Familie Gentz, die ihr Geld mit Torf, Stoffen und Handel gemacht hatten und die Firma ging 1880 Pleite. Zwischen 1880 und 1934 wechselte das Gut 5 mal den Besitzer. Alle Versuche, das Gut in seiner ursprünglichen Planung herzurichten misslangen. 1934 übernahm die Wehrmacht das Gut und 1945 folgte die Rote Armee. Bis 1991 war dort die 112. Garderaketenbrigade mit bis zu 5000 Mann stationiert. Danach kaufte ein Unternehmer aus Werder das gesamte Anwesen inklusive 500 Hektar Land und wollte ein Hotel entstehen lassen. Aufgrund der Hoteldichte in Neuruppin wurde das Projekt wieder begraben. Seit 2010 ist das Objekt in Besitz von türkischen Investoren, die die Sanierung der Gebäude planen. Bis jetzt ist noch nichts Nennenswertes passiert.
Wahrscheinlich sind die Kosten für die Sanierung der Gebäude mittlerweile so hoch, dass dies aus wirtschaftlichen Gründen gar keinen Sinn mehr macht. Aber vielleicht kommt eines Tages ein weißer Ritter aus tausend und einer Nacht dorthin, der aus Liebe sich diesem Objekt annimmt. Den Geschmack des Ritters aus dem Morgenland dürften die Gebäude auf jeden Fall treffen. Juli 2014.