Die Spindeltreppe im Bücherturm der Anna-Amalie-Bibliothek in Weimar ist das Motiv unseres Treppenkalenders im Mai 2024. Diese Spindeltreppe hat eine sehr interessante Geschichte, da diese Treppe ursprünglich in der Osterburg in Weida stand.
Aber der Reihe nach. In den Jahren 1821 – 1825 ließ Herzog Carl August den mittelalterlichen Geschützturm der Stadtbefestigung, der direkt an die Anna-Amalia-Bibliothek angrenzt, zu einem Bücherturm umbauen. So sollte zusätzlicher Platz für die immer umfassenderen Bestände der Bibliothek geschaffen werden. Durch den Goethe-Anbau, der sich zwischen Rokokosaal und Bücherturm befindet, konnte der Herzog und seine Besucher trockenen Fußes zwischen den Gebäuden hin und her pendeln. Insgesamt bietet der Bücherturm Platz für 20.000 Bände und beherbergt zusätzlich die größte deutsche Militärbibliothek samt Kartenmaterial aus der Zeit um 1800.
Wie eingangs schon erwähnt wurde die Spindeltreppe gar nicht für den Bücherturm gebaut, sondern stand ursprünglich in der Osterburg in Weida, rund 80 Kilometer entfernt. Der Zimmermann Arnold Fehr hatte nach einem Liebesdrama an der Osterburg, bei dem sein Nebenbuhler aus höherem Rang zu Tode kam, die zu erwartende Todesstrafe durch die Weitsicht des Herzogs in einem Arbeitsdienst umgewandelt. Innerhalb eines Jahres sollte er aus der 12 Meter hohe Eiche im Burghof eine Spindeltreppe für einen Treppenturm der Osterburg bauen. Das war im Jahr 1670. Arnold Fehr gelang diese Mammutaufgabe und er war danach ein freier Mann.
Nach fast 150 Jahren entschied der Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach die nicht mehr benötigte Spindeltreppe auf der Osterburg ab- und in Weimar wieder aufzubauen. Nachhaltigkeit der ersten Stunde, obwohl es das Wort um 1818 noch gar nicht gab. Den Abbau und den 10tägigen Transport mit Fuhrwerken durften die Wiedaer Bürger bezahlen.
Die Treppe ist komplett in Holz gefertigt. Die Hohlspindel ist ein durchgehendes Stück und nur aus einem Stamm gefertigt. Tritt- & Setzstufen sind in die Spindel eingestemmt und außen verläuft eine aus Massivholz gefertigte Wange. Die Treppe erschließt insgesamt 3 Etagen. Die Spindel schließt im 3. Obergeschoß mit einem wunderschönen Kapitel ab. Ob die Geländer bereits an der Osterburg bestanden oder ob diese erst in Weimar ergänzt wurden, konnte der Autor nicht in Erfahrung bringen.
Insgesamt ist diese Spindeltreppe schon etwas sehr Außergewöhnliches und jeder der die Möglichkeit der Besichtigung hat, wird unsere Begeisterung teilen. Über 350 Jahre gibt es diese Treppe und sie kann immer noch begangen werden. Ein Meisterstück der Handwerkskunst. Zur Freude der vielen Touristen, Kulturinteressierten und Treppenfans finden einmal in der Woche Führungen durch den Bücherturm statt.
Auf der Webseite der Klassik-Stiftung-Weimar kann der Bücherturm digital erlebt werden. Hier der Link dorthin:
360 Rundgänge – Klassik Stiftung Weimar digital (klassik-stiftung.de)
Wir wünschen euch allen ein besonders schönen Mai 2024.