
Hermann Henselmann war ein Stararchitekt in der ehemaligen DDR. Da ich selber in Ostberlin geboren wurde, kann ich mit Sicherheit sagen, dass der Begriff Stararchitekt nicht zum Sprachgebrauch im Arbeiter- und Bauernstaat gehörte. Aber egal, er hat auf jeden Fall maßgebend die Skyline Berlins entscheidend mitgeprägt und viele seiner Bauwerke haben den politischen Wechsel überstanden. Eines der Wahrzeichen Berlins ist das Haus des Lehrers und das Berliner Congress Center am Alexanderplatz.
In den Jahren 1961-1964 erbaut, war die Gestaltung stark vom Bauhausstil beeinflusst. Klare Linien, Funktionalität und modernes Design prägen die Kongresshalle. Im Fußball würde man sagen – „Das Runde muss ins Eckige“ und so ist auch die Architektur zu verstehen. Henselmann interpretierte die zwei gegensätzlichen Gestaltungen rund und eckig als Ergänzung, nicht als Gegensatz. Wo etwas Eckiges ist muss auch etwas Rundes als Gegenpol sein. Und so wechseln sich diese zwei Grundformen permanent ab. Dieses erkennt man schon in der Außenform. Eine kubische Würfelform mit einen halbkugligen Dachkonstruktion. Innen setzt sich diese Formensprache konsequent fort. Als Beispiel sei die Cafeteria im Erdgeschoß erwähnt – ein nahezu quadratischer Raum mit einem halbrunden Buffet.
Und so passen auf die zwei halbrunden Helixtreppen, die das Erdgeschoß mit dem 1.OG verbinden perfekt in die Gestaltung. Sie sind in den Gebäudeecken, jeweils links und rechts vom Eingang angeordnet. Das charakteristische von Helixtreppen ist eine gebogene Innenwange, an der auskragend, die Stufen angebracht sind. Statisch eine sehr komplexe Form, da die auftretenden Verkehrslasten nur über die Innenwange angeleitet werden können. Eine massive Stahlwange mit angeschweißten Stufenträgern bildet das Grundgerüst für die Treppe. Alle Einzelteile müssen in Kasten-Hohlform hergestellt werden, damit die ausreichende Steifigkeit erreicht werden kann. Die Stufenbeläge, die Wangenabdeckung und die Handläufe sind Sipo-Mahagoni ausgeführt worden. In den 1960iger Jahren gab es die Tropenholzproblematik noch nicht und diese Holzwahl sollte dem Haus sicherlich auch etwas exotisch Exklusives geben. Das Außengeländer hat etwas florales, etwas wellenförmiges, reduziert auf einen minimalen Materialeinsatz. Warum Henselmann hier von der strengen Linienführung abweicht und eine neue Form wählt, ist nicht genau dokumentiert. Vielleicht wollte er den Treppen eine Einzigartigkeit geben, so dass diese jederzeit und immer wieder erkannt werden.
Das Berliner Congress Center wurde seit der Fertigstellung als ein Veranstaltungsort für nationale wie internationale Kongresse genutzt. Hier tagte auch mehrfach die Volkskammer der DDR und das Festival des politischen Liedes war eine feste Größe im Kalender. Nach Umbau und Sanierung ist es seit 2003 wieder als eine der Topflächen für fast jede Art von Veranstaltungen zu mieten.